Hinterm Mond
von thalasso wave, Erstveröffentlichung 2017



"Was ist denn hier los?" Karala fand den Weg zum Park versperrt vor. Ein Polizist drehte sich zur ihr um.

"Eine Kundgebung der Mondbefreier", sagte er. "Sie gehen besser außen herum."

"Was für ein Blödsinn", ärgerte sich Karala.

"Die Kundgebung ist ordnungsgemäß angemeldet und genehmigt. Diesen Leuten steht das Recht auf freie Meinungsäußerung und auf Versammlungsfreiheit ebenso zu wie allen anderen auch", erklärte der Polizist. "Auch wenn ich privat eine andere Meinung dazu habe", fügte er etwas leiser hinzu, "so ist es deren Recht, für ihre Sache einzutreten."

Er warf einen Blick auf Karalas Sohn. "Bis jetzt verläuft alles friedlich, aber es könnte Ärger mit den Gegendemonstranten geben und da wollen Sie mit dem Kind sicher nicht dabei sein."

Karala bedankte sich höflich für die Auskunft und schickte sich an, den Umweg durch die Seitenstraße zu nehmen.

"Von den Mondbefreiern habe ich schon in der Schule gehört", plapperte Alaban los. "Aber warum machen die das hier und nicht auf dem Mond?"

Karala musste lachen. Bevor sie ihrem Sohn die Frage beantworten konnte, bekam sie ungebetene Hilfe. Ein älterer Herr, der Flugblätter verteilte, wandte sich direkt an Alaban. "Wenn das denn so einfach wäre, junger Mann. Wenn wir die richtigen Raketen hätten, dann würden wir nicht demonstrieren, sondern gleich zum Mond fliegen und diese Parasiten verjagen!"

"Was sind Parasiten?"

Karala schob Alaban schnell weg, bevor der Flugblattverteiler die Frage beantworten konnte. Nicht schnell genug, wie sich herausstellte.

"Die haben ja so Recht! Die sollen unseren kleinen Mond in Ruhe lassen und einfach wieder verschwinden!" wetterte eine Frau.

"Hallo, Frau Nachbarin", grüßte Karala höflich und versuchte weiterzugehen, um eine Diskussion zu vermeiden.

"Ist doch wahr", fuhr die Nachbarin fort. "Diese Aliens haben da überhaupt nichts zu suchen. Das ist unser Mond. Die hätten ja wenigstens mal fragen können, ob uns das Recht ist. Einfach so den Mond besetzen."

"Soweit ich informiert bin, haben die Besucher gefragt, ob sie den Mond nutzen dürfen und sie haben nicht den ganzen Mond besetzt, sondern nur einen kleinen Teil auf der Rückseite des Trabanten, wo sie nicht zu sehen sind und auch niemanden stören." Karala ließ sich jetzt doch zu einem Gespräch hinreißen. Den Begriff Aliens versuchte sie allerdings zu vermeiden. Besucher klang weniger wertend und spiegelte eher ihre Vorstellung der Dinge wieder.

"Ja, gefragt haben sie, aber als sie schon da waren. Die wären sowieso geblieben, auch wenn wir dagegen gewesen wären. Diese Aliens sind doch wie Ungeziefer!"

Karala stöhnte kurz und schaffte es endlich, ihren Sohn an den Leuten vorbeizuschieben.

"Was sind Parasiten?" Alaban ließ nicht locker.

"Wenn jemand auf Kosten anderer lebt", sagte sie entnervt . "Aber das ist in diesem Zusammenhang eine völlig unpassende Ausdrucksweise. Das sind Lebewesen wie du und ich. Es gibt überhaupt keinen Grund, sie herabzuwürdigen oder zu beleidigen. Die haben ihre Heimat verloren und suchen sich eine neue. Die leben überhaupt nicht auf Kosten anderer."

"Ja", sagte Alaban. "So ungefähr haben Sie uns das in der Schule auch erzählt."

Karala ging etwas schneller und zog ihren Sohn hinter sich her. Dem Thema entkommen konnten sie nicht, denn ein Redner heizte jetzt mit einem Megaphon die Menge an.

"Danke, dass ihr so zahlreich gekommen seid, meine lieben Freunde! Wir haben uns heute hier versammelt, da unsere Regierungen mit Blindheit geschlagen sind oder sogar davon profitieren, dass unsere Interessen an außerirdische Invasoren verschachert werden. Wir haben genug von eitlen Blendern in der Politik, die uns weiß machen wollen, es drohe keinerlei Gefahr, während Fremde, über die wir rein gar nichts wissen, sich schon des Mondes bemächtigt haben. Wollen wir tatenlos zusehen, wenn sich die Aliens auch unseren Planeten holen?"

Die Menge johlte, war sich aber nicht einig, ob man ja oder nein brüllen sollte. Karala drehte sich kurz um, konnte aber den Redner nicht sehen. Der fuhr unbeirrt fort.

"Noch ist es nicht zu spät, die Freiheit zu retten, uns vor Überfremdung zu schützen und den Untergang zu verhindern! Sogenannte Wissenschaftler und gleichgeschaltete Medien werden in ihrer absurden Dummheit nicht müde, uns zu versichern, dass wir nichts zu befürchten haben. Alles Lüge!"

Wieder johlte die Masse.

"Wer weiß denn, was die da auf dem Mond treiben? Angeblich haben sie sich auf der Rückseite des Trabanten niedergelassen, um uns nicht zu stören. Nichts als eine abnorme Täuschung, sage ich euch. Wenn sie nichts zu verbergen hätten, wären sie auf die gut sichtbare Vorderseite gegangen. Das ist die ganze Wahrheit! Aber das wollen uns die etablierten Volksverräter vorenthalten. Angeblich bauen sich die hinterhältigen Aliens neue Raumschiffe und wollen dann weiterfliegen. Aber ich sage, die bauen eine Invasionsflotte! Wollen wir tatenlos zusehen, bis sie damit fertig sind und uns dann wie Schafe abschlachten lassen? Ich sage Nein!"

Inzwischen hatte sich die Menge auf den Redner eingestimmt und wiederholte das Nein in einem kräftigem Chor.

"Wir müssen jetzt die Initiative ergreifen und diese schamlosen Eindringlinge von unserem geliebten Mond vertreiben, so lange wir noch können! Wir besorgten Bürger fordern, diesen abartigen Missgeburten den Krieg zu erklären und sie ein für alle Mal zurück in den kalten Weltraum zu treiben, wo sie auch hingehören! Befreit unseren Mond!"

Der anhaltende Jubel der Demonstranten wurde leiser, als Karala mit ihrem Sohn in die nächste Seitenstraße einbog.

"In der Schule haben die Lehrer gesagt, wir bräuchten keine Angst vor den Aliens zu haben", sagte Alaban. "Stimmt das?"

Karala stöhnte. Sie verspürte wenig Neigung, eine Sache zu erklären, der sie eher gleichgültig entgegen stand. Aber der sinnlosen Angst und der Flut von falschen Informationen musste man sich zur Wehr setzen.

"So viel ich weiß", erklärte sie ihrem Sohn, "sind die Besucher auf unserem Mond harmlos. Sie sind dort mit ihren alten Raumschiffen gelandet, haben Unterkünfte und Bergwerke errichtet und versuchen jetzt neue Schiffe zu bauen oder die alten zu reparieren. Dann wollen Sie weiter fliegen und sich einen neuen Planeten suchen, auf dem sie und ihre Kinder leben können. Das ist, was ich gehört habe und es gibt keinen Grund, daran zu zweifeln."

Zielstrebig steuerten beide auf den Hintereingang des Parks zu. Der Lärm der Demonstration war noch zu hören, aber wenigstens konnte man den Text nicht mehr verstehen.

"Aber warum sagen die Leute dann, dass die Aliens böse sind und uns alles wegnehmen wollen?" Alabans Informationsbedürfnis war noch keineswegs gestillt.

"Weil diese Leute dumm sind und vor allem Angst haben, was sie nicht kennen. Außerdem erzählen sie völligen Unsinn. Wir sind zwar schon mal auf dem Mond gewesen, aber im Augenblick haben wir nicht einmal eine Rakete, die uns hin bringen könnte. Wir sind gar nicht in der Lage, die Besucher vom Mond zu vertreiben. Aber das ist nicht der Punkt. Es gibt auch keinen Grund dafür. Die Besucher lassen uns in Ruhe und wir sollten dasselbe tun."

"In meinen Comics wollen die Aliens aber immer die Erde erobern und Frauen und Kinder entführen", meinte Alaban zweifelnd. "Dann müssen sie doch böse sein, oder?"

Seine Mutter nahm sich vor, die Lektüre ihres Sohnes auf kindgerechte Inhalte zu prüfen. "In deinen Heftchen mag das so sein, damit es spannend und abenteuerlich ist. Würdest du denn einen Comic lesen wollen, in dem es keine Bösewichte gibt und alle freundlich miteinander umgehen?"

"Du meinst, wo nichts kaputt geht und es keine Kämpfe gibt?" Alaban war entsetzt. "Das ist doch voll langweilig. So eine Weltraumschlacht oder ein Duell mit Lichtschwertern, das ist ganz toll spannend!"

Karala sah ihren Sohn prüfend an. "Ich kann mich nicht erinnern, dass wir solche Comics gekauft haben. Woher hast du die?"

"Och", sagte Alaban verlegen, "die hat mir Jorel geliehen."

"Dann gib sie ihm schnellstmöglich zurück und sag ihm, er soll dir lieber was Anständiges leihen!"

Karala war sich ziemlich sicher, dass Alaban diese Botschaft nicht ausrichten würde. Aber wenigstens hatte sie ihr Unverständnis geäußert. Sie überquerten die Straße, nachdem Alaban umständlich nach möglichen Fahrzeugen Ausschau gehalten hatte und erreichten den Eingang zum Park. Der Kleine riss sich sofort los, um zum Spielplatz zu laufen und übersah dabei einen Mann, der ebenfalls in den Park wollte. Die beiden prallten zusammen und Alaban kullerte auf den Rasen.

"Ist dir was passiert, Junge?" fragte der Mann entsetzt. Alaban rappelte sich auf, lachte und verstummte sofort wieder, als er den besorgten Blick seiner Mutter sah. Er sagte artig "Entschuldigung" und rannte weiter. Karala war inzwischen hinzu gekommen und wollte sich für ihren Sohn entschuldigen.

Der Mann winkte lächelnd ab. "Ist doch nichts passiert. Ich glaube, ich war in dem Alter genauso."

"Das versuche ich mir auch immer einzureden", erwiderte Karala erleichtert, "aber irgendwie beschleicht mich der Verdacht, dass wir als Kinder doch ein wenig zurückhaltender und vorsichtiger waren."

"Die Zeit und unsere schwindende Erinnerungen daran lassen die Dinge oft viel positiver erscheinen, als sie vielleicht in Wirklichkeit waren."

Karala lächelte ein wenig hilflos und wechselte schnell das Thema. "Sind Sie nicht der Arzt von gegenüber?"

"Dr. Nagara, Facharzt für Geriatrie. Ich befürchte, es müssen noch einige Jahrzehnte vergehen, bevor ich etwas für Sie tun kann!"

Karala lachte. Wohlformulierte Schmeicheleien hörte sie ganz gerne.

"Als ich die Praxis vor einem Jahr bezogen habe, hatte ich mir fest vorgenommen, allen Nachbarn einen Antrittsbesuch abzustatten. Aber es wohnen so viele ältere Herrschaften in der Straße. Da habe ich mir überlegt, dass ein solcher Besuch vielleicht als Werbung empfunden würde", fuhr der Arzt fort. "Und Werbung braucht mein Fachgebiet nicht. Man muss nur ein wenig Geduld haben."

"Wir brauchen eher einen Kinderarzt, so ungestüm wie mein Sohn manchmal ist."

Die beiden gingen weiter in den Park hinein, während Karala den Jungen im Auge behielt. Alaban war zum Spielplatz gelaufen und hangelte sich an einem Kletterturm hinauf.

"Ich wollte eigentlich nur eine ruhige Mittagspause, aber diese Verrückten da können einem schon den Tag verderben." Dr. Nagara wies in Richtung der Demonstranten, deren Lärm auch hier noch zu hören war.

Karala nickte. "Ich hatte meine liebe Mühe, meinem Sohn zu erklären, dass es nicht so ist, wie diese Leute behaupten. Aus meiner Sicht stellen unsere neuen Nachbarn auf dem Mond keine Gefahr dar."

"Völlig richtig", pflichtete ihr der Arzt bei. "Vielmehr liegt das Problem bei uns, weil wir uns von völlig unbegründeten Ängsten leiten lassen. Viele meiner Patienten neigen auf Grund ihres Alters zu konservativen Ideen und lassen sich von der Vorstellung leiten, dass früher alles besser, schöner und einfacher war. Daher finden Sie es völlig inakzeptabel, dass unser Mond von anderen genutzt wird. Eine sinnvolle Begründung für diese Ablehnung können sie allerdings nicht nennen. Es sei früher eben anders gewesen, wird am häufigsten genannt."

"Aus purer Gewohnheit eine sinnlose Konfrontation zu suchen, erscheint mir nicht gerade der edelste Beweggrund zu sein."

"Diese Leute können wohl nicht anders, als so zu denken", erläutere Dr. Nagara. "Die Jugend kann man noch ganz gut überzeugen. Die sind einer fundierten Argumentation durchaus zugänglich. Die älteren fühlen sich sowieso gesellschaftlich benachteiligt, wittern überall mögliche Verschwörungen und werden letztlich zu Opfern ihres Bauchgefühls. Gegen eine gefühlte Bedrohung kann man wenig ausrichten. Mit der Wahrheit und viel Überzeugungskraft wird man sogar als Teil der vermeintlichen Desinformation empfunden. Je besser man Bescheid weiß, desto eher wird man als Lügner wahrgenommen."

Karala wies auf eine Bank, von der man den Spielplatz gut im Blick hatte. Der Doktor setzte sich auch und erzählte weiter.

"Deshalb gehe ich in den Park und nicht zur Demonstration. Mit Logik und korrekter Information ist da kaum etwas auszurichten."

"Vielleicht wissen wir einfach zu wenig über diese Besucher", grübelte Karala während Sie ihrem Sohn auf dem Klettergerüst zusah.

"Ganz im Gegenteil", konterte der Arzt. "Wir wissen sogar sehr viel, aber es interessiert niemanden. Der Mond ist einfach zu weit weg und seine Rückseite ist nicht einmal zu sehen."

"Wir wissen zuviel? Das müssen Sie mir erklären." Karala konnte dem Gedanken nicht folgen.

"Wenn meine Patienten anfangen, die Hasstiraden der Mondbefreier nachzuplappern, was leider sehr häufig vorkommt, dann zeige ich Ihnen ein bestimmtes Foto und erzähle die Geschichte dazu." Er kramte ein Bild aus seiner Brieftasche hervor und reichte es Karala. "Hier, schauen Sie."

Das Foto zeigte mehrere Personen sowie drei Außerirdische, die inmitten einer Wüstenlandschaft standen. Alle trugen Schutzanzüge.

"Sind die wirklich so klein?" fragte Karala erstaunt. "Da ist ja mein Sohn mit seinen sieben Jahren schon größer!"

Dr. Nagara nickte. "Ich zeige dieses Bild gerne herum, weil es zeigt, wie zierlich und verletzlich unsere Besucher aussehen. Die meisten verstehen dann, warum sie keine Gefahr darstellen."

Ein Windstoß fegte durch die Bäume und Karala sah sofort zum Klettergerüst. Alaban hatte alles im Griff.

"Sind Sie das dort?" fragte Karala überrascht und zeigte auf das Bild. "Sie waren auf dem Mond?"

Dr. Nagara lachte. "Aber nein. Ich wäre gerne im All gewesen, aber dafür hat es nicht gereicht. Eine Delegation der Besucher traf sich mit Wissenschaftlern bei uns. In einer unbewohnten Wüste und unter extremen Sicherheitsmaßnahmen, wie sie an den Anzügen sehen. Man wollte keinerlei Risiken eingehen. Die Besucher müssen hier sowieso Atemmasken tragen. Mit unserer Atmosphäre kommen sie nicht zu recht. Schon deshalb ist die Behauptung dämlich, sie wollten uns den Planeten weg nehmen. Sie könnten gar nichts damit anfangen."

"Wie sind Sie zu der Ehre kommen?" Karala war jetzt sehr interessiert.

"Ich war damals noch Assistenzarzt an der Uniklinik und mein Chef war gefragt worden, ob er sich mit den Außerirdischen über Altersforschung austauschen wollte. Wie man hört, haben die ähnliche Probleme wie wir. Ich durfte ihn begleiten." Man konnte dem Arzt schon anmerken, dass ihn die Sache mit Stolz erfüllte.

"Und wie war eine Verständigung möglich?" Alabans Mutter wollte alles darüber wissen.

"Übersetzungscomputer", sagte der Arzt achselzuckend. "Keine große Sache. Allerdings sind unsere außerirdischen Zwerge auch sehr sprachbegabt. Manche hatten schon angefangen, einige unserer Sprachen zu lernen."

"Worüber spricht man so mit Leuten, die von anderen Planeten stammen?"

"Wissenschaftliche Themen, war alles zuvor festgelegt worden. Fragenkataloge waren ausgetauscht worden, damit sich alle gut vorbereiten konnten. Es war sehr interessant, aber auf die grundlegenden Fragen, gibt es einen Gott, was ist der Sinn des Lebens, warum existiert das Universum oder so, wussten die auch keine Antworten. War aber trotzdem gut, miteinander zu reden. So versteht man einander besser und räumt Missverständnisse aus."

"Ich habe von dieser Geschichte nie etwas gehört", sagte Karala nachdenklich. "War das Treffen geheim?"

"Ort und Zeitpunkt waren natürlich geheim gehalten worden, um Zwischenfälle zu vermeiden. Nicht auszudenken, wenn diese Mondbefreier das mitbekommen hätten", erklärte Dr. Nagara. "Aber im Nachhinein gab es die üblichen Pressemitteilungen und die Ergebnisse wurden in den einschlägigen wissenschaftlichen Publikationen veröffentlicht. Nur in den Medien wurde das Treffen kaum erwähnt, weil es so sensationell unspektakulär war. Wir sind da auch zu Opfern unseres eigenen Medienkonsums geworden. ,Geifernde Weltraummonster bedrohen den Planeten', das ist etwas, was wir lesen, hören und sehen wollen. ,Wissenschaftler zweier Planeten tauschen sich in der Wüste aus' interessiert niemanden. Es war wohl ein Fehler der damals Verantwortlichen, kein Bildmaterial zu veröffentlichen. Die einzigen Bilder, die es gibt, sind private Aufnahmen wie dieses Foto."

"Haben Sie das Foto diesen Mondbefreiern gezeigt?"

"Sie halten es für eine Fälschung", gestand der Arzt. "Kleine blasse Zwerge mit ganz wenig Haaren, das ist nicht das Bild, das sie von einer außerirdischen Bedrohung haben, ja haben wollen."

Dr. Nagara und Karala unterhielten sich noch eine Weile angeregt, bis der Arzt seine Blicke schweifen ließ. "Ich glaube, Ihr Sohn versucht gerade in den Teich zu fallen."

Karala fuhr erschrocken auf. Sie hatte Alaban ganz aus den Augen verloren, so fasziniert war sie von dem, was der Arzt zu erzählen hatte. Sie beruhigte sich aber schnell wieder.

"Er kann schon schwimmen", erklärte sie beschwichtigend. "Aber das Lesen lässt noch zu wünschen übrig. Er soll die Wasservögel in Ruhe lassen. Das entsprechende Schild hat er wohl nicht gelesen."

Sie sprang auf, rief und winkte ihrem Sohn. Der drehte dem Teich den Rücken und machte sich missmutig auf den Rückweg.

"Oh, schon so spät", rief der Arzt aus. "Bitte entschuldigen Sie, ich muss zurück in die Praxis."

"Kein Problem", erwiderte Karala freundlich. "Vielleicht sollten Sie sich das mit dem Antrittsbesuch noch mal überlegen. Für manche Dinge ist es nie zu spät."

"Das werde ich machen, versprochen." Dr. Nagara machte sich lächelnd auf den Weg.

"Das Foto!" Karala wedelte mit dem Bild.

Der Doktor drehte sich im Gehen noch einmal um. "Das können Sie behalten. Ich habe noch ein paar davon."

"Was habt ihr nur so lange gequatscht?" Alaban stand recht unzufrieden vor ihr. "Keiner spielt mit mir!"

"Stell dir vor, mein Süßer", erklärte Karala fröhlich ihrem Sohn. "Der Doktor hat schon mal die Besucher vom Mond getroffen. Schau!"

Fasziniert betrachtete Alaban das Bild. "Die sind aber wirklich winzig!"

Mit der dritten und der fünften Tentakel strich Karala ihrem Sohn das Fell aus dem Gesicht, damit seine siebzehn Punktaugen besser sehen konnten.

"Ja, sie sehen wirklich klein und verletzlich aus. Sie nennen sich Menschen."

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